mein erster wochenenddienst

...eigentlich nichts besonderes, bis auf die tatsache, dass ich einiges in der maison de l’esperance noch nicht kenne. aber nach aussage der kollegen sollte das kein problem sein und außerdem ist ja nicht wirklich was zu tun an einem samstag. deshalb war ich auch recht froh, dass mir sr. hanni in der früh neben kassabuch und schlüsselbund auch den internetstick am frühstückstisch hinterlegt hat. wie sich aber im laufe des vormittages herausgestellt hat, war der eher für meinen kollegen, der mich eigentlich unterstützen hätte sollen, aber dann wohl im internet hängen geblieben ist und mir den rest überlassen hat. naja, internet gibt’s ja eh überall auf der welt...die erfahrungen und erlebnisse die ich hier sammeln kann, gibt’s nur hier. also ich kann nur vorab schon sagen, mir wurde nicht langweilig.

 

guter dinge einen lockeren tag mit ein wenig internet surfen genießen zu können, suche ich mir nach einem guten frühstück mit frischem baguette und marillenmarmelade einen zem. widererwarten und entgegen allen gewohnheiten, finde ich auf anhieb einen zem, der mir eine akzeptable summe nennt und mich gleich aufsteigen lässt. einzig das ziel hat er nicht gekannt, wie sich nach 20 min. fahrt herausgestellt hat. aber zum glück kenne ich mich jetzt schon ein wenig aus und gemeinsam haben wir dann auf anhieb nach hinde gefunden.

 

der arbeitstag beginnt mit 60 pain gaté, was soviel heißt wie diese brote sind unverkäuflich. unsere zwei bäcker haben wieder mal sch* gebaut. es ist angeblich ein ganzer ständer mit blechen umgefallen. wie das passieren kann, fragen wir uns immer wieder, aber die jungs sind um keine ausrede verlegen. naja, das ganze müssen sie dann eh selber ausbaden. einer der zwei muss die schlechten brote unter die leute bringen. naja, so ist der freie nachmittag von charlemagne auch gelaufen. leider passiert das nicht nur einmal die woche, sondern öfters. wir können das brot dann nur mehr zum halben preis verkaufen, was natürlich dann auch weniger einnahmen sind. aber wie man das problem mit den schlechten broten beseitigen kann, weiß noch niemand. der vorschlag war, dass die bäckerjungs für den schaden aufkommen müssen, aber was will man jemanden nehmen, der eh nix hat???

 

naja, das brotdesaster scheint schon mal beseitigt. aber das nächste problemchen in der bäckerei bahnt sich schon an. einer der ausbildner kommt mit einem auszubildenden nicht so recht zusammen. auf jeden fall steht der junge fix-fertig bei mir im büro und möchte seine ausbildung hinschmeißen. durch ein sehr emotionsgeladenes gespräch mit allen beteiligten kann ich ihn überzeugen doch noch zu bleiben. natürlich hat sich herausgestellt, dass ein scheit alleine nie brennt – so würde mein papa sagen. aber muss den ein über 40jähriger bäcker-lehrherr wirklich so menschenunwürdig mit seinen schülern umgehen? kann ein erwachsener nicht schon ein bißchen gescheiter sein? auf jeden fall geht da immer wieder was schief. die jugendlichen hier sind mit sicherheit nicht einfach, aber die erwachsenen sind hier in sachen zwischenmenschlichkeit, kommunikation und vorbildwirkung auch um nichts voraus. naja, nach noch zwei kontrollbesuchen in der bäckerei scheint auch dieser emotionsausbruch beseitigt zu sein.

 

neben allen kleinigkeiten wie verlorenen schürzen, lebensmittelnachschub aus dem lager, geld für den einkauf von glühbirnen usw. stehen auch noch zwei halbwüchsige vor der tür, die unsere krankenschwester brauchen. leider ist die aber, obwohl sie ganz normal dienst hätte, den ganzen tag nicht erschienen. wo sie geblieben ist? keine ahnung! vielleicht im krankenhaus mit einem kind oder...? so versuchen’s mir die kollegen zumindest zu erklären. aber für die einheimischen hier scheint das ganz normal zu sein, dass hin und wieder mal jemand nicht zur arbeit erscheint.

 

okay, die krankenschwester ist nicht da und ich habe einen 12jährigen mit einer kleinen offenen wunde zwischen den zehen da stehen. naja, a bißl auswaschen, desinfizieren und a bißl mit pflaser und hansaplast zu tapen und fertig ist der erste patient. könnt nicht der zweite auch so sein? nein, er hebt sein t-shirt und darunter erblicke ich eine sicher 15 x 10 cm große wunde. eine verbrennung von einem moped oder so erklärt mir der kleine. auf jeden fall ist’s nicht mehr ganz frisch und rundherum ist alles dreckig. die straßenkinder haben ja auch keine waschgelegenheit. nachdem ich alles um die wunde gereinigt habe, reinige ich mit den spärlichen sachen, die ich im zimmer der krankenschwester finde, auch die wunde. spärlich deshalb, weil mir vor meinem wochenenddienst niemand verraten hat, wo sich der schlüssel für ihren großen schrank befindet. aber zum glück kann ich ein bißl italienisch und finde so auch im regal einen spray für verbrennungen und etwas zur desinfektion. italienisch deshalb, weil die meisten der medizinischen sachen hier die schwestern aus italien bekommen haben. sogar eine kompresse und ein großes pflaster, wie ich es bei meinem kreuzband hatte, finde ich im regal. mit meinen spärlichen erste-hilfe-künsten verarzte ich den jungen und er ist heil froh darüber. ob er wohl auch manchmal an meinen pflegekünsten gezweifelt hat, so wie ich selbst? naja, wer von euch meine hausapotheke kennt, der weiß was ich mit so sachen am hut hab. da kann mann nur von glück sprechen, dass ich im letzten jahr ab und zu ein krankenhaus von innen gesehen habe und somit zwangsgedrungen das ein oder andere gesehen habe. und bei dieser gelegenheit danke ich auch gleich meinen fleißigen krankenschwestern zu hause für die tipps und erklärungen zur reiseapotheke. war wohl nicht umsonst!

 

nach getaner arbeit ging’s dann ruhiger weiter. hab mich mit chrissi und anna in einer schneiderei getroffen um ein paar teile zu bestellen. stoffe haben wir uns davor schon mal am markt gekauft. auf jeden fall wird’s bei mir ein rock mit zwei oberteilen dazu – alles selbstgezeichnet. und ratet mal was das ganze inkl. stoff maßgeschneidert kostet: ganze 23 euro haben wir uns ausgerechnet. wir sind schon gespannt wie das ganze wird. am nächsten samstag wissen wir mehr, denn da geht’s zur anprobe der fertigen teile. bis dahin gibt’s sicher wieder einiges zu berichten.

 

zu tun gibt’s bis dahin auch immer was: wir starten dieser tage mit den ersten vorbereitungen für ein großes fest anfang april. was wir genau planen bleibt noch ein geheimnis. den kids wird’s sicher gefallen und euch die fotos danach hoffentlich aus.

 

bis bald...danke, dass ihr mich bei meinen erlebnissen begleitet - tanja

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